Die Freiwillige Feuerwehr Rätzlingen gibt es bereits über 130 Jahre.
Gegründet wurde die Wehr am 12. Juni 1892.
Häuser mit Strohdach waren in früheren Zeiten vor allem auf dem Lande der Gefahr eines Brandes ausgesetzt. Die typischen Niedersachsenhäuser hatten keinen Schornstein, denn der Rauch des offenen Herdfeuers zog durch das Stroh des Daches ab. In ungünstigen Fällen konnte es geschehen, dass Funken bis an das Strohdach flogen und es in Brand setzten. Zudem schlug der Blitz in ländlichen Gebieten wesentlich häufiger in Gebäude ein als in Städten. Ein Blitzschlag in ein Strohdachhaus führte meist zu Totalverlust. Löschhilfe durch die Männer des Dorfes sowie das Bereithalten von ledernen Wassereimern waren somit seit langem Pflicht in den Dörfern. Um nötigenfalls das Strohdach einreißen zu können, gehörten auch Stangen mit eisernen Haken zur Brandschutzausrüstung.
In Rätzlingen hatte es im 19. Jahrhundert mehrere große Brände gegeben. Weil man aber mit Löscheimern und Feuerhaken allein gegen die Macht des Feuers nicht viel ausrichten konnte, entschloss sich die Gemeinde Rätzlingen 1870 eine Handdruckspritze der Uelzener Firma Hermann Holtzendorf „Herholtz“ anzuschaffen. Mit ihr war mehr Wasser aus Brunnen zur Brandstelle zu schaffen als mit der bis dahin üblichen von Hand zu Hand gehenden „Eimerkette“.
Weitere Feuersbrünste im Dorfe führten dann jedoch zu der Erkenntnis, dass mit der Neuerung auch eine verbesserte Ausbildung der Männer für die Brandbekämpfung einher gehen müsste. Das war mit der bisherigen Pflichtfeuerwehr nicht zu machen.
Wie auch andernorts kam der Gedanke auf, eine neu zu organisierende Freiwillige Feuerwehr zu gründen. Vor allem der Rätzlinger Lehrer Gustav Nottbohm setzte sich dafür ein, dass diese Idee verwirklicht wurde. Für den 12. Juni 1892 wurden die Männer des Dorfes in das Gasthaus Schröder zur Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr eingeladen. Von gut 400 Einwohnern erschien die erfreulich große Anzahl von 65 Räzlingern. Lehrer Nottbohm informierte ausführlich über den Zweck und das Wesen einer Freiwilligen Feuerwehr. In seinem bis heute vorhandenen Protokoll „Geschehen Rätzlingen den 12. Juni 1892…“ schreibt Nottbohm nach Aufführung der Namen aller 65 beigetretenen Bürger unter anderem: „Nachdem der Lehrer Nottbohm einem Vortrag Zweck und Wesen einer Freiwilligen Feuerwehr dargelegt hatte, erklären sämtliche Anwesenden durch Namensunterschrift ihren Zusammentritt zu der Freiwilligen Feuerwehr Rätzlingen“.
Dieselbe war damit gegründet. Lehrer Nottbohm arbeitete danach die Statuten aus, die er am 3. Juli 1892 den Feuerwehrmännern zur Unterschrift vorlegte. Nach Paragraph 2 war beispielsweise Ortseingesessenen, die 18 Jahre alt sind und einen guten Ruf haben, der Eintritt nicht zu verweigern. Der erste Hauptmann war bis 1897 Gemeindevorsteher August Burmester, Johann Perau sein Vertreter. Eine Sirene gab es damals natürlich noch nicht, dafür eilten bei Feueralarm der Anbauer Friedrich Schulz und der Haussohn H. Hennings laut auf ihren Feuerhörnern blasend durch das Dorf. Erst 1950 löste das Heulen einer Sirene die Tätigkeit der Hornisten ab.
Das zehnjährige Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr im Jahre 1902 wurde am 13. Juli besonders gefeiert. Aus diesem Anlass war etwas Besonderes beschlossen worden, nämlich die Einkleidung der Männer in neue Uniformen. Schneidermeister Müller war bereit gewesen für einen Nählohn von 2,40 Mark die Uniformröcke anzufertigen. Ein Meter Stoff kostete 4,30 Mark. Eine Anschaffung, die bei den damaligen Löhnen nicht allen leichtgefallen sein dürfte, doch für ihr Dorf haben die Männer gern gegeben. Eine Aufstellung der Einsätze mit der Handdruckspritze von 1870, auch bereits durch die Pflichtwehr, nennt bis 1902 fünf Brände.
Eine große Katastrophe für das Dorf ist dabei, nämlich die Brandstiftung vom 15. Juli 1883, durch die vier Wohnhäuser und sieben Ställe vernichtet wurden. Um 12.30 brach das Feuer aus. Man stelle sich die Panik vor, in der neben den Löscharbeiten versucht wurde, aus den brennenden Gebäuden zu retten was zu retten war, allem vorweg das Vieh.
Bei weiteren elf größeren Bränden, hauptsächlich in benachbarten Ortschaften, kam die Handdruckspritze bis 1939 noch zum Einsatz und wurde dann in den Ruhestand verabschiedet. 50 Jahre später wurde sie mit sehr viel Mühe und in anstrengender Kleinarbeit vollständig restauriert und sieht seit dem wieder aus wie eben vom Hersteller ausgeliefert.
Kurz vor dem fünfzigjährigen Jubiläum, das im Kriegsjahr 1942 nicht besonders begangen wurde, erhielt die Wehr am 19. Mai ihre erste Magirus-Motorspritze TS 8/8 mit Anhänger. Dieser Typ leistete 800 l/min. Bei Bränden nach Luftangriffen kam sie 1944 in Uelzen zum Einsatz. Nach dem Kriege konnte sich die Freiwillige Feuerwehr Räzlingen der mehrere Verbesserungen sowohl in der Ausrüstung als auch bezüglich der Gebäude freuen. 1956 gab es einen neuen Anhänger und zwei Jahre später auch eine neue TS 8/8. Eine weitere Aufwertung erfuhr die Wehr 1966 mit dem Löschgruppenfahrzeug LF 8 Opel Blitz sowie 1977 mit dem zusätzlichen Schlauchwagen. Das erste LF 8 wurde nach 24 Jahren Dienstzeit 1990 durch ein Fahrzeug neuester Ausführung LF 8 Iveco Magirus ersetzt.
Bauliche Veränderungen gab es 1953 mit einem Neubau Gerätehaus nebst Schlauchturm. Dieses Gerätehaus wurde mit 2 Einstellgaragen versehen und diente der als Unterkunft des Löschfahrzeugs LF 8 und des Schlauchwagens SW 1000. Es wurde ausschließlich mit Eigenleistung erstellt. Und weil auch das mit der Zeit nicht mehr ausreichte und den neuen Bestimmungen auch nicht mehr entsprach, musste ein geräumigeres erstellt werden. Dieses neue Gerätehaus mit Schulungsraum konnte in kürzester Zeit wiederum mit viel Eigenleistung durch die Kameraden der Wehr 1997 bezogen werden konnte.
Die Männer der Feuerwehr Rätzlingen sind aber nicht nur einsatzbereit, wenn der „Rote Hahn“ auf dem Dach sitzt, nein, sie greifen auch helfend ein, wenn die Dorfgemeinschaft ein Fest feiert oder andere Gemeinschaftsarbeiten zu erledigen sind. Ebenso erfreuen sich das Osterfeuerfeuer und die Maifeier großer Beliebtheit. Am zweiten Oktoberwochenende jeden Jahres wird ein großes Fischfest am Rätzlinger See veranstaltet.
Aber auch unsere alten Kameraden wussten Feste zu feiern. Und von einer solchen „Festarbeit“, dem Kopfwurstessen mit den Hanstedter Kameraden, wurde auch mal frohgelaunt nächtlich per Trecker und Anhänger zum Feuerwehrfest nach Molzen gefahren. Mit von der Partie, die an einem Sonnabend begann, war auch ein Feuerwehrkamerad, der zugleich Küster war. Der hatte den Schlüssel zur Rätzlinger Kirche bei sich. Als ihm dann zu vorgerückter Stunde bewusst wurde, dass er vor dem Gottesdienst noch die Kirche aufschließen musste, war „Holland in Not“. Kurzerhand wurde Die Frau eines Kameraden angerufen, die per Leichtmotorrad den Schlüssel holte – gerade rechtzeitig, um vor dem Eintreffen der ersten Besucher das Gotteshaus aufzuschließen…